Atlanterhavsvegen in Norwegen

Ist logisch, oder?
Mautgebühren in Schweden und Norwegen

​Immer mehr Straßen-, Brücken und Tunnelprojekte werden durch Mautgebühren vorfinanziert. Selten muss vor der Nutzung direkt bezahlt werden. Die digitale Erhebung und Rechnungstellung bringen für alle eine große Erleichterung mit sich. Doch wenn es mal nicht rund läuft? Lesen Sie vor Ihrer Reise diesen Erfahrungsbericht, damit Ihnen nicht Gleiches widerfährt wie dem Autor.merken

Erfahrungsbericht

Genießen Sie eine unbeschwerte Skandinavienreise

Wenn Ihr Fahrzeug bei den skandinavischen Mautstationen noch nicht registriert ist...wenn Sie Göteborg, Stockholm, Motala und Sundsvall in Schweden besuchen wollen...wenn Sie Fähren, Brücken, Tunnel oder Städte in Norwegen auf dem Programm haben - dann nehmen Sie sich zwölf Minuten Zeit und lesen Sie diesen Bericht. Ist eine sehr gute Investition.
Am Anfang war die Mautstation
„Wenn wir morgen in Göteborg von der Stena Line Fähre runterfahren halten wir uns gleich links, am Fischereihafen vorbei auf die E45 und bleiben darauf. Spätestens an der Rasta Lilla Edet treffen wir uns, sollten wir uns zwischendurch verlieren.“ Rolf nickt zustimmend, während ich noch ergänze, dass wir auch eine Mautstelle passieren werden. „Kostet uns irgendetwas zwischen 18,-- und 25,-- SEK, die Fahrt durch den Tunnel in Göteborg. Du bekommst die Rechnung von den Betreibern zugeschickt“ füge ich noch hinzu. Rolf stutzt. „Wieso bekomme ich die Rechnung zugeschickt und wofür die Maut?“ Die Frage ist nicht ungewöhnlich, am Wein nippend, gebe ich ihm die Erklärung.

„In Norwegen und Schweden gibt es einige Mautpassagen. Norwegen hat dadurch viele kostspielige, private Tunnel- und Brückenprojekte finanziert. Die Investoren haben mit der Regierung eine Vereinbarung geschlossen, dass sie die Objekte finanzieren und für die Refinanzierung eine Mautgebühr für einen bestimmten Zeitraum erhalten. Sobald die Refinanzierung abgeschlossen ist, wird die Mautabgabe eingestellt, die Passagen sind dann kostenfrei und die Folgekosten werden vom norwegischen Staat getragen. Eine faire Art für die Realisierung von Großprojekten, die nicht auf die Schultern von allen Bürgern gelegt werden.“ 

​Die Stena Line Fähre hat mittlerweile abgelegt, dreht in dem Kieler Fjord und verschafft uns einen herrlichen Rundblick über die ehemalige Olympiastadt. Vorne das alte Speicherhaus, gegenüber die Werft, wo früher U-Boote und heute Yachten gebaut werden, der Kleine Kiel, dessen Ausläufer ins Zentrum ragt.
„In Stockholm gibt es seit 2007 eine Überlastungssteuer, die Trängselskatt, die bis heute nur wochentags erhoben wird. Die Erfolge in Stockholm waren vermutlich der Aufhänger dafür, dass diese Steuer auch in der zweitgrößten schwedischen Stadt, Göteborg, eingefordert wird. Der schwedische Reichstag hatte 2012 beschlossen, diese Steuer ab dem 01. Januar 2013 einzuführen.
In beiden Städten wird die Stadtmaut nur montags bis freitags, zwischen 06:00h und 18:30h erhoben. Feiertage sind ebenfalls von der Zahlung ausgenommen und die Höhe der Maut ist, je nach Tageszeit und Erhebungsort, variabel.“ Das massige Stena Line Fährschiff hat es mittlerweile geschafft, sich um 180° zu drehen und nimmt Kurs Norden, Ziel Göteborg. „Du kannst auch alles nachlesen, damit du immer auf dem aktuellen Stand bist. Es kann sich schnell etwas ändern und dafür kann ich keine Haftung übernehmen“ bemerke ich schmunzelnd, während ich ihm den Link für weitere Informationen zuschicke.

„Wenn wir also die Mautstelle passieren müssen wir nur abwarten, dass uns die Firma epass24, die für das Inkasso im Ausland zuständig ist, die Rechnung zuschickt und diese dann bezahlen. Simpel und nachvollziehbar. Da kann ja nichts schieflaufen“ fasst Rolf zusammen und wir verlassen den Panoramaplatz, um uns am Skandinavischen Büffet zu stärken.
Was dann geschah
​Die winterliche Reise zum Nordkap war ein wunderbares Erlebnis und hatte alles in sich vereint, was eine touristische Reise beinhalten kann. Nun, wir hatten letztlich auch drei Wochen Zeit um die Highlights zu genießen. „Epass24“ lese ich. Na, das wird auch langsam Zeit, dass ich die Rechnung für die Mautgebühr in Göteborg bekomme, denn die Reise liegt mittlerweile vier Monate hinter uns. Ein zweiter Brief, ebenfalls von Epass24 liegt dahinter. Erwartungsvoll öffne ich beide Briefe und aus jedem klettert eine Mahnung heraus, ganz vorsichtig, weil sie wohl wissen, dass sie fehl am Platz sind. Ungläubig schaue ich auf die Schreiben. Neben der Göteborger Maut soll ich auch noch eine Infrastrukturabgabe für Sundsvall bezahlen. Ich kann mich nicht erinnern dort eine Mautkamera gesehen zu haben, aber es wird schon seine Richtigkeit haben, dass hierfür 9,-- SEK eingefordert werden, zusätzlich zu den Göteborger Kosten von 25,-- SEK. In der Mahnung beruft sich Epass24 darauf, dass die Rechnungen am 20.04.2022 ausgestellt wurden. Dann lese ich die Mahnkosten: Für die 9,-- SEK sind nun 300,-- SEK Verzugsgebühr zu bezahlen, für die Göteborger Maut in Höhe von 25,-- SEK sind 500,-- SEK fällig. Alles sauber in Euro umgerechnet fordert Epass24 von mir 29,93 € und 50,86 €, insgesamt also 80,79 €. Ein stolzer Betrag, aber davon scheinen die Inkassobüros zu leben. Die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist Rechnungen über 87 Cent oder für 2,42 € zu verschicken, stellt sich mir, denn kaufmännisch gesehen völliger Unsinn, da die Prozesskosten die eingeforderten Beträge sichtlich übersteigen. Oder funktioniert das System doch profitabel?

„Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an den Kundendienst“ steht am Ende der Mahnung, danach die deutsche Bankverbindung. Nun gut, denke ich in meiner Naivität, das wird sich klären, denn ich habe die besagten Rechnungen nie erhalten.
Ich rufe die Düsseldorfer Nummer, die als Kundendienstnummer angegeben ist, an. Das Telefonat mit der Gesprächspartnerin vom Rhein verläuft sachlich und höflich und endet damit, dass sie mir den Hinweis gibt, erst einmal die Forderung zu bezahlen und mich dann an Epass24 in Stockholm zu wenden. Die Zahlung werde ich erst einmal nicht leisten, da ich dadurch die Richtigkeit der Forderung anerkennen könnte. Ich schreibe nunmehr nach Stockholm, sowohl in Deutsch als auch in Schwedisch, in der Hoffnung, dass wir jetzt eine Lösung finden.
Antwort aus Schweden
​Epass24 reagiert nicht auf mein Schreiben, denn die sind nur das Inkassobüro und haben meine Eingabe an die zuständige Behörde weitergeleitet. Sorry, Behörden, denn für die Infrastrukturabgabe von 9,-- SEK ist Transportstyrelsen (Amt für Transportwesen) in Örebro und für die Göteborger Maut in Höhe von 25.—SEK zeichnet das Skatteverket (Finanzbehörde) in Stockholm verantwortlich. Mir geht es nach wie vor um die ungerechtfertigten Mahngebühren, weil mir eine Rechnung nicht zugestellt geworden war. Die Mautgebühren von 34,-- SEK habe ich mittlerweile doch überwiesen, weil diese völlig unstrittig sind. Meinem Einspruch hinsichtlich der Mahngebühren wird nicht stattgegeben, denn mir musste bewusst gewesen sein, dass ich eine Mautstelle passiere und dadurch Mautpflichtig werde und diese Maut zu bezahlen habe, auch wenn keine Rechnung vorliegt. So die Argumente von Transportstyrelsen und Skatteverket.

Alles klar. Nur an wen soll ich eine Gebühr überweisen, wenn ich die Höhe nicht kenne, da zu jeder Uhrzeit eine andere Mautabgabe ausgewiesen werden kann? Und wo bitte erhalte ich die Adresse des Empfängers - denn es gibt mittlerweile drei Institutionen, die zuständig sind - die Bankverbindungen und wie kann ich sicher sein, dass meine Zahlung auch richtig zugeordnet wird?  
Dem kann ich nur eines hinzufügen: verständnisloses Kopfschütteln. Doch es kommt noch dicker. Ich hatte mitgeteilt, dass die Freunde von uns – Sie erinnern sich an Rolf? – mit uns gefahren sind und wir wohl zeitgleich die Mautstellen passiert haben. Mit Rolf habe ich, nachdem ich die Mahnungen erhalten hatte, gesprochen. Er hat mir bestätigt, dass sie die Rechnungen bekommen und wegen des geringen Betrages und den von mir erhaltenen Informationen, direkt bezahlt haben. Bürgerpflicht.

Nun hält mir meine schwedische Gegenseite vor, dass ich ja nachweislich von den Rechnungen meiner Freunde gewusst habe und somit auch meine Mautgebühren hätte zahlen müssen. Dass die Freunde 300 KM entfernt wohnen, und wir uns nicht unbedingt über Mautrechnungen austauschen, die in der Sache unstrittig sind, hat deren Standpunkt nicht verändert. Ich hätte bezahlen müssen.
 
​Wie kann eine Behörde – und bisher habe ich in Schweden nur positive Erfahrungen damit gemacht – derartige Argumente liefern und sich damit im Recht fühlen? Ich wollte es wissen und habe mich weiterhin geweigert, die Gebühren zu bezahlen. Mit dem Ergebnis, dass ich von den Verwaltungsgerichten in Stockholm und Karlstad Post bekam. Alles erneut aufgedröselt, argumentiert, meine Position dargelegt. Dann endlich trudelten die Beschlüsse ein: Meinen Einsprüchen wird nicht stattgegeben. Ich habe die Zuschläge der Mautgebühren zu bezahlen. Diese haben sich parallel zu dem Verfahren auch erhöht. Somit wurden aus den 3,29 € Mautgebühren in der Summe 179,-- € - Mahngebühren inklusive.
Und der Hammer: Im Oktober bekomme ich zwei Rechnungen, datiert mit dem 20.04.2022, einmal über 0,87 Cent und einmal über 2,42 €. Die Briefumschläge nicht frankiert, ohne einen einzigen Knick oder Schmutzfleck nach einer sechsmonatigen Odyssee angekommen, zudem noch ohne Absender. Da kommen natürlich die wildesten Gedanken auf. Ob das System doch funktioniert, nur auf eine andere Art? Stutzig bin ich deshalb, weil die Briefe nach sechs Monaten jungfräulich im Briefkasten lagen. Da komme ich doch ins Grübeln. Zumal die „Kleinarbeit“ nicht von Epass24 sondern von den schwedischen Behörden erledigt wird und selbst die Gerichte hier einer unschlüssigen Argumentation der Behörden recht geben? Könnte das eine moderne Form der Wegelagerei sein? Wirre Gedanken rasen durch den Kopf – und nach knapp einem Jahr habe ich mich entschlossen, dieses denkwürdige Ereignis auch anderen Reisenden zur Verfügung zu stellen. Seit knapp vierzig Jahren habe ich privat und beruflich viel mit und in Schweden zu tun. Dieses Erlebnis jedoch ist völlig neu und befremdlich für mich.
Was ist zu tun?
​Meine Empfehlung, damit Ihnen nicht ähnliches passiert: Registrieren Sie sich mit Ihrem KFZ- Kennzeichen und Kreditkarte bei Epass24. Dann werden alle Passagen direkt auf der Kreditkarte belastet. Im Übrigen können Sie viele innernorwegischen Fähren auf diese einfache Art und Weise bezahlen. Ferner empfehle ich Ihnen – und das wurde mir auch telefonisch von Transportstyrelsen mitgeteilt – checken Sie bei der deutschen Vertretung (finden Sie auf der Webseite von Epass24) rund zwei bis drei Wochen nach der Reise ab, ob die von Ihnen passierten Stationen erfasst wurden. Am besten per email. Wenn Sie mit einem Mietfahrzeug unterwegs sind, klären Sie vor der Reise mit dem Vermieter die Handhabung.

Sollten Sie auf Ihren Skandinavienreisen mit denselben Problemen konfrontiert werden, schließen Sie sich bitte mit uns kurz. burckhard.specht@nordic-promotion.de   Wenn sich die Fälle häufen, sollten wir der Sache gemeinsam auf den Grund gehen und möglicherweise auch die schwedischen Medien kontaktieren.    

​Die digitale Erhebung der Mautgebühren oder Fährpassagen ist lobenswert und sichert eine schnelle Abwicklung zu, sofern auch seitens des beauftragen Inkassobüros fehlerfrei und kundenfreundlich gearbeitet wird.
​Ich wünsche Ihnen eine herrliche Zeit im Norden und kommen Sie gesund zurück.
​Burckhard Specht, 10.06.2023